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Als Ronaldo bei den Bananen zulangte

Die Welt zu Gast bei Starköchen. Was haben die WM-Stars in deutschen Landen zu essen bekommen? RUND-Autor Sven Bremer hat mit Küchenchefs gesprochen, die hautnah dabei waren, als Ronaldo und Kollegen nach außergewöhnlichen Speisen verlangten.


Meisterkoch: Dieter Müller leitet eins der insgesamt sieben Drei-Sterne-Restaurants in Deutschland
Foto Tillmann Franzen


Nicht nur die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nimmt auf Auslandsreisen ihren eigenen Koch mit, um eine optimale Ernährung zu gewährleisten. Auch andere Nationalteams lassen sich von einem Küchenchef ihrer Wahl verwöhnen. Und dass, obwohl sie während der WM in Deutschland zum Teil bei absoluten Könnern am Herd residierten. Dieter Müller vom Schlosshotel Lerbach gilt als einer der besten Köche der Welt. Der mit drei Michelin-Sternen dekorierte Maitre durfte aber nur zuschauen, wie ein brasilianischer Kollege für das leibliche Wohl von Ronaldinho & Co sorgte.

Müllers Kreation „Trilogie von der Gänseleber- als Gugelhupf in Traminergelee“ wäre wahrscheinlich sowieso nicht so gut angekommen bei den Südamerikanern. Das Leibgericht der meisten brasilianischen Nationalspieler ist der „Feijoada“, ein einfaches brasilianisches Eintopfgericht mit schwarzen Bohnen und gepökeltem Rindfleisch. „Und vor allem einer Menge Zwiebeln und Knoblauch, damit würde ich schon ein bisschen vorsichtiger sein“, gibt Dieter Müller zu bedenken. Abgesehen von solchen speziellen Gerichten gab es nach Aussage Müllers jedoch sehr ausgewogene Sportlernahrung für die Selecao: Gemüse, Pasta, Reis und mageres Fleisch oder Fisch dominierte die Speisetafel. Zwischen den Trainingseinheiten wurde Obst gereicht. „Vor allem bei den Bananen hat Ronaldo reichlich zugelangt“, erzählt Müller. Dennoch hatte er nicht das Gefühl, dass der erfolgreichste WM-Torschütze aller Zeiten übermäßig am Schlemmen war. „Der war extrem durchtrainiert, daran lag es nicht, dass es nicht so lief im Turnier.“ Zu trinken gab es für die Brasilianer einen extrem süßen Guarana-Drink. „Fürchterlich, das wäre nichts für mich“, sagt Müller und schüttelt sich.

Auch die Spieler von WM-Außenseiter Trinidad und Tobago konnten sich bei der WM auf die Kochkünste eines eigens engagierten Kochs aus der Karibik verlassen. Daniel Rundholz, Küchenchef vom „Landhaus Wachtelhof“ in Rotenburg an der Wümme, blieb wie Müller lediglich die Aufgabe des Zuarbeiters. „Das was ich mir vorher ausgedacht hatte, konnte ich alles wieder über den Haufen werfen“, erzählt Rundholz, „sie hatten schon sehr genaue Vorstellungen davon, was es geben sollte.“

Die Elitekicker Trinidad und Tobagos hatten sich landestypische Küche gewünscht. „Sie sind ja über den ganzen Globus verteilt, spielen in England, Frankreich oder sonst wo. Da wollten sie endlich wieder einmal ihre Küche genießen, um sich richtig wohl zu fühlen“, schätzt Rundholz. Die Küche Trinidad und Tobagos ist ein Mix aus spanischen, afrikanischen und indischen Komponenten. Reichlich scharf, mit exotischen Gewürzen verfeinert. „Aber es wurde sehr viel Wert auf die sportlergerechte Ernährung gelegt. Also schon akribisch auf das richtige Verhältnis von Kohlehydraten, Eiweißen und Fetten geachtet. Es wurde ganz wenig Butter, dafür eher Olivenöl verwendet“, nennt Rundholz ein Beispiel.

Der Hotelkoch, der auch schon die Bayern während ihres Trainingslagers in Rotenburg versorgt hatte, stellt schon einen Unterschied zwischen den Münchnern und Trinidad und Tobago fest. „Bei den Jungs aus der Karibik war das gemeinsame Essen weit mehr als Nahrungsaufnahme. Es ging sehr lebendig zu. Ich hatte schon den Eindruck, dass das auch etwas Teambildendes hatte und dem Gemeinschaftsgefühl diente.“ Extrawürste in puncto Ernährung gab es auch bei Trinidad und Tobago nicht. Es wurde gegessen, was auf den Tisch kam. Es sei denn, man heißt Dwight Yorke und ist der Superstar der Mannschaft. „Er hat sich abends oft nochmal extra Avocados gewünscht. Und die habe ich ihm dann auch immer gemacht“, verrät Rundholz.

Er hat sich einiges abgeschaut beim Kollegen aus der Karibik, und auch Müller und der brasilianische „Nationalkoch“ haben munter voneinander probiert. Den Eintopf mit Bohnen und Rindfleisch fand Müller ganz okay. Ob dem brasilianischen Koch Dieter Müllers „Erbsen-Minzsüppchen mit Langoustino und Wachtelessenz mit verlorenem Ei“ geschmeckt hat, ist nicht überliefert. „Ich konnte ihn nicht mehr fragen, nach dem überraschenden Ausscheiden waren die ganz schnell weg“, so Müller.

Sven Bremer

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